Wie ich bereits Mehrfach erklärt habe…
MANN…
Muss nachhelfen, ANDERS geht es NICHT!
Bitte aufmerksam lesen
„Berliner Zeitung
Russlands Krieg gegen die Ukraine: Ist der Westen schuld?
Michael Brettin – Vor 5 Std.
Es ist 5.40 Uhr, als Wladimir Putin am 24. Februar im russischen Staatsfernsehen erklärt, warum russische Truppen in die Ukraine einmarschieren. Er rechtfertigt diesen Schritt mit der Bedrohung, „die vom Westen im Zuge der Ausdehnung des Nato-Blocks auf die Ukraine und damit auch auf Russland“ ausgehe. Moskau habe dreißig Jahre lang versucht, über die Grundsätze der Sicherheit in Europa eine Einigung zu erzielen, sei aber nur auf „zynischen Betrug und Lüge oder auf Druck- und Erpressungsversuche gestoßen“. Die „Versprechen an unser Land, die Nato nicht einen Zoll weiter nach Osten zu erweitern“, gehörten dazu. „Sie haben uns getäuscht.“
In der Ukraine tobt ein Krieg, der weitreichende Folgen haben wird. Ist „der Westen“ daran schuld, wie Putin behauptet? Oder ist diese Schuldzuweisung nur ein Vorwand, um Russland zu alter, zu sowjetischer Größe zurückzuführen?
Putin hat in den vergangenen Jahren immer wieder die Geopolitik des Westens angeprangert. Im Dezember 2021 sagte er, seit der Vereinigung der beiden deutschen Staaten und dem Ende der Sowjetunion habe die Nato Russlands Sicherheitsinteressen mit fünf Erweiterungswellen „dreist betrogen“. Im März 2014 (zur Zeit der Krim-Annexion, die Moskau steuerte) sprach er vom „Verrat von 1990“; gemeint ist der Zwei-plus-Vier-Vertrag vom September 1990, der die innere und äußere Souveränität des vereinten Deutschlands wiederherstellte, was zur Nato-Mitgliedschaft führte. Und im Februar 2007, bei der Münchner Sicherheitskonferenz, beklagte er: „Was wurde aus den Zusicherungen unserer westlichen Partner nach der Auflösung des Warschauer Paktes?“
Was ist dran an den Vorwürfen?
Ein Blick zurück, in den Mai 1990. Michail Gorbatschow ist auf dem Weg nach Washington. Der sowjetische Staatschef trifft sich dort mit dem amerikanischen Präsidenten George Bush senior. Die beiden Oberhäupter der mächtigsten Staaten der Welt wollen über die Zukunft West- und Ostdeutschlands sprechen. Er sei optimistisch, sagt Gorbatschow bei einem Zwischenstopp in Ottawa, dass eine Formel für die Nato-Mitgliedschaft eines vereinten Deutschlands gefunden werden könne.
Über eine künftige europäische Ordnung hat die sowjetische Regierung zu jener Zeit mehrere Vorstellungen: Ersetzen der Militärblöcke durch gesamteuropäische Sicherheitsstrukturen unter dem Dach der KSZE (Konferenz über Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa); Doppelmitgliedschaft Deutschlands in Nato und Warschauer Pakt; ein eingeschränkter militärischer Status für Deutschland in der Nato; Mitgliedschaft Deutschlands in der Nato. Eine Neutralität Deutschlands ist vom Verhandlungstisch, die Außenminister der Warschauer-Pakt-Staaten haben sich Mitte März dagegen ausgesprochen.
Bundeskanzler Helmut Kohl hatte am 14. Mai 1990, zwei Wochen vor Gorbatschows Reise in die USA, seinen außenpolitischen Berater Horst Teltschik nach Moskau entsandt – mit einer Kreditzusage über fünf Milliarden Mark im Gepäck. Die Finanzhilfe versteht die Bundesregierung als „Teil eines Gesamtpakets“, sie erwartet von Gorbatschow Zugeständnisse in der Nato-Frage. Ein Grundsatzartikel des sowjetischen Außenministers Eduard Schewardnadse am 29. Mai in der Tageszeitung Iswestija erweckte bei Teltschik den Eindruck, „Schewardnadse bereitet die sowjetische Öffentlichkeit auf die mögliche Mitgliedschaft eines geeinten Deutschlands in der Nato vor“.
Am Abend des 31. Mai, dem ersten Tag seines USA-Besuchs, unterbreitet Gorbatschow seinem Gastgeber Bush den Vorschlag: „Lassen wir Deutschland selbst entscheiden, in welchem Bündnis es sein möchte.“ Bei der abschließenden Pressekonferenz am 3. Juni sagt Gorbatschow, es gebe zwischen ihm und Bush volle Übereinstimmung darüber, dass die Nato-Mitgliedschaft Deutschlands eine Angelegenheit sei, die die Deutschen im Einklang mit der Schlussakte der KSZE von Helsinki selbst entscheiden müssten – die Akte gewährt den Staaten, die sie 1975 unterzeichnet haben, Souveränität und damit auch das Recht auf freie Bündniswahl.
Bush unterrichtet Kohl einen Tag später über seine Gespräche mit Gorbatschow. Der US-Präsident hält in puncto Bündniszugehörigkeit fest: Die Chancen, dass Gorbatschow ein vereinigtes Deutschland als volles Mitglied der Nato akzeptiere, stiegen in dem Maße, in dem es gelinge, den sowjetischen Sicherheitsinteressen Rechnung zu tragen.
Bei ihrem Treffen im Juli stellen Gorbatschow und Kohl die letzte Weiche zur deutschen Einheit und damit auch zur Bündniszugehörigkeit. In zwangloser Runde einigen sie sich darauf: Das vereinigte Deutschland wird voll souverän sein, es kann der Nato beitreten; die sowjetischen Truppen werden innerhalb von drei bis vier Jahren aus Ostdeutschland abziehen; es dürfen in Ostdeutschland keine Nato-Strukturen errichtet werden, es dürfen dort nur Truppen der Bundeswehr, nicht ausländische Truppen und auch keine atomaren Waffen stationiert werden.
Die Nato und Russland arbeiten ab Anfang der 1990er-Jahre in Fragen der Verteidigungs- und Sicherheitspolitik zusammen. Mit Unterzeichnung der „Grundakte über gegenseitige Beziehungen, Zusammenarbeit und Sicherheit zwischen der Nato und der Russischen Föderation“ (Nato-Russland-Akte) im Mai 1997 wird die Kooperation gefestigt. Es geht dabei auch darum, dass die Staaten der Region sich für ein Bündnis frei entscheiden können.
Zwischenzeitlich, nach Auflösung der Sowjetunion im Dezember 1991, stellt sich die Frage, was aus den Atomwaffen ehemaliger Sowjetrepubliken wird. Im Budapester Memorandum 1994 verzichten die Ukraine, Belarus und Kasachstan auf den Besitz von Nuklearwaffen. Dafür verpflichten sich die anderen Vertragsstaaten, die Souveränität dieser drei Länder zu achten, auch Russland. In Budapest wirbt US-Präsident Bill Clinton für eine Nato-Osterweiterung, Kohl unterstützt ihn. Dagegen warnt Russlands Präsident Boris Jelzin: Eine Erweiterung gefährde die Demokratie in Russland.
Die Nato dehnt ihren Einflussbereich in der Folgezeit aus, sie beruft sich dabei auf das Recht der freien Bündniswahl gemäß der Schlussakte der KSZE von Helsinki. Die Zahl ihrer Mitglieder verdoppelt sich nahezu, von 16 auf 30: Polen, Tschechien und Ungarn werden 1999 aufgenommen, Bulgarien, Estland, Lettland, Litauen, Rumänien, Slowakei und Slowenien 2004, Albanien und Kroatien 2009, Montenegro folgt 2017 und Nordmazedonien 2020.
Beim Nato-Gipfel in Bukarest 2008 erhält die Ukraine (und mit ihr Georgien) eine Beitrittsperspektive. Frankreich und Deutschland sprechen sich gegen einen Beitritt aus. Bundeskanzlerin Angela Merkel warnt davor, Russland zu reizen und eine Destabilisierung Osteuropas zu riskieren.
Die Nato verfolgt aus Sicht Moskaus seit Mitte der 1990er-Jahre eine Strategie der Eindämmung, Schwächung und Erniedrigung Russlands. In seiner Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz 2007 verurteilt Putin das Vorgehen des Westens als Wortbruch und verweist auf eine Aussage des früheren Nato-Generalsekretärs Manfred Wörner vom 17. Mai 1990: „Schon die Tatsache, dass wir bereit sind, die Nato-Streitkräfte nicht hinter den Grenzen der Bundesrepublik Deutschland zu stationieren, gibt der Sowjetunion feste Sicherheitsgarantien.“ Ein Satz, den Wörner danach sagte, macht allerdings deutlich, dass er das Gebiet der DDR meinte: „Wir könnten uns eine Übergangszeit vorstellen, in der eine verringerte Anzahl von Sowjettruppen in der heutigen DDR stationiert bleiben.“
Als anderer Beleg für einen vorgeblichen Wortbruch gilt, was US-Außenminister James Baker bei seinem mehrtägigen Besuch in Moskau Anfang Februar 1990 Gorbatschow und Schewardnadse versichert: dass „weder der Präsident (US-Präsident Bush senior, Anm. d. Red.) noch ich irgendwelche unilateralen Vorteile aus den Prozessen ziehen wollen“ und dass „sich die gegenwärtige Militärhoheit der Nato nicht ein Zoll in östlicher Richtung ausdehnen wird“. Darauf Gorbatschow: „Jedwede Ausdehnung der Nato wäre sicherlich inakzeptabel.“ Auch hier ist das Gebiet der DDR gemeint.
Ein weiteres Indiz für einen Wortbruch sieht die russische Seite in einem 2009 veröffentlichten Aktenvermerk über eine Äußerung von Bundesaußenminister Hans-Dietrich Genscher gegenüber seinem sowjetischen Kollegen Schewardnadse am 10. Februar 1990: „Für uns stehe aber fest: Die Nato werde sich nicht nach Osten ausdehnen.“
Gebrochen worden sei diese Zusicherung nicht, bekräftigt Horst Teltschik, der ehemalige außenpolitische Berater von Kohl. In einem Beitrag für Die Zeit im Juli 2019 schreibt er: „Ich habe an allen Gesprächen des Bundeskanzlers mit Gorbatschow und Schewardnadse teilgenommen. In keinem davon ist die Osterweiterung der Nato über die Ex-DDR hinaus angesprochen worden, schon gar nicht im Februar 1990.“
Das sagte Gorbatschow selbst in einem Beitrag des „heute-journal“ 2014. Damals sei es ausschließlich um die Nicht-Ausweitung der Truppen in der Bundesrepublik auf das Gebiet der DDR gegangen. Das sei all die Jahre eingehalten worden. Zudem widersprach er seiner eigenen, noch 2009 geäußerten Behauptung, ihm sei in Gesprächen über die deutsche Vereinigung ein Verzicht auf eine Osterweiterung der Nato zugesagt worden.
In einem Interview mit der russischen Zeitung Kommersant verblüfft Gorbatschow im selben Jahr 2014 mit dem Satz: „Das Thema ,Nato-Expansion‘ wurde überhaupt nicht diskutiert, und es wurde in diesen Jahren (1989 bis 1990, Anm. d. Red.) nicht aufgeworfen.“ Folglich ist die Ausdehnung des westlichen Militärbündnisses nicht Teil eines Vertrags geworden. Warum nicht, erklärt Schewardnadse: „Anfang 1990 bestand noch der Warschauer Pakt. Allein die Vorstellung, die Nato würde sich auf Länder dieses Bündnisses ausdehnen, klang damals vollkommen absurd.“
Wenige Tage vor dem Einmarsch russischer Truppen in die Ukraine am 24. Februar 2022 berichtet der Spiegel über ein ehemals als geheim eingestuftes Dokument aus dem britischen Nationalarchiv, das die russische Behauptung, mit der Nato-Osterweiterung habe der Westen gegen Zusagen von 1990 verstoßen, stütze. Es stammt aus einem Treffen der Politischen Direktoren der Außenministerien der USA, Großbritanniens, Frankreichs und Deutschlands in Bonn am 6. März 1991. Besprochen wird an jenem Tag die Sicherheit Polens und anderer osteuropäischer Staaten. Die Anwesenden wenden sich gegen eine Nato-Osterweiterung. So erklärt Bonns Vertreter Jürgen Chrobog: „Wir haben in den Zwei-plus-Vier-Verhandlungen deutlich gemacht, dass wir die Nato nicht über die Elbe hinaus ausdehnen. Wir können daher Polen und den anderen keine Nato-Mitgliedschaft anbieten.“
Der Osteuropa-Historiker und Filmautor Ignaz Lozo hält diese Notiz für „historisch völlig irrelevant“. In einem Interview mit der Welt weist er darauf hin, dass Chrobogs Kernsatz „sachlich falsch“ sei, denn „im Zwei-plus-Vier-Vertrag kommen weder das Wort Nato geschweige denn die Wörter Osterweiterung oder Ausdehnung gen Osten vor“.
Was bleibt? Die „Versprechen“ von 1990, die Nato nicht ostwärts zu erweitern, bezogen sich auf die DDR. Darüber hinaus strebte die Sowjetunion rechtlich bindende Zusagen nie an. Aber: Die Nato entschied, sich ins Zentrum der postsowjetischen Sicherheitsordnung in Europa zu setzen und sich aus dieser Position der Stärke bis an die Grenzen Russlands auszudehnen. In einem Beitrag für die New York Times im Februar 1997 warnte der Historiker und Diplomat George F. Kennan, „dass eine Nato-Erweiterung der verhängnisvollste Fehler der amerikanischen Politik in der Ära nach dem Kalten Krieg wäre“. Er befürchtete, „dass die nationalistischen, antiwestlichen und militaristischen Tendenzen in der Meinung Russlands entzündet werden“. Im Juli desselben Jahres beschließt die Nato die Osterweiterung.
Es wäre noch vor wenigen Tagen möglich gewesen, den Krieg in der Ukraine nicht entflammen zu lassen. Putin wollte ihn.
Dieser Artikel ist die aktualisierte Fassung eines Beitrags, den die Berliner Zeitung online am 1. Juni 2002 publizierte.“
https://www.msn.com/de-de/nachrichten/politik/russlands-krieg-gegen-die-ukraine-ist-der-westen-schuld/ar-AAUGmrp?ocid=msedgntp
2002…
Wir schreiben das Jahr 2022, wisst ihr noch was ihr vorgestern gegessen, gemacht habt?