SBU, FUCK YOU oder DAS PROBLEM zwischen der Katholisch – Orthodoxen Kirche

Leo Strauss…
Lässt grüßen!

„INTELLEKTUELLE
Die Leo-Konservativen
Ein geheimnisvoller Zirkel von Beratern und publizistischen Helfern um den US-Präsidenten George W. Bush gibt seit Wochen Anlass zu allerlei Verschwörungstheorien und Debatten – das Idol der Clique, heißt es, sei der deutsch-jüdische Philosoph Leo Strauss.
Von Gerhard Spörl
03.08.2003, 13.00 Uhr • aus DER SPIEGEL 32/2003

Der deutsche Philosoph, der da in den USA plötzlich erstaunlich populär ist, war nie ein Linker, sondern immer mit Leib und Seele ein Konservativer. Es handelt sich nicht etwa um Theodor W. Adorno, dessen 100. Geburtstag bevorsteht, oder um Herbert Marcuse, dessen sterbliche Reste gerade von New Haven (Connecticut) nach Berlin umgebettet wurden, sondern um einen von deutschen Intellektuellen bislang wenig beachteten Zeitgenossen der beiden Mitbegründer der Frankfurter Schule: Leo Strauss. Auch Strauss war ein deutscher Jude, auch er emigrierte in die USA, und er blieb dort sein Leben lang. Sein Tod jährt sich im Herbst zum 30. Mal.

Unter denen, die aus Hitlers Deutschland auswandern mussten, bildete Leo Strauss eine bemerkenswerte Ausnahme: Anders als seine Schicksalsgenossen erhielt der kleine, gründliche Denker mit der leisen Stimme frühzeitig eine Professur an der großen, hoch renommierten Universität von Chicago. Außerdem ist er der einzige deutsche Emigrant, der in den Vereinigten Staten eine weit verzweigte Denker-Schule gründete. Ihr Einfluss reicht bis in die inneren Machtzirkel Washingtons.

Was hat es auf sich mit seinen Schülern, den »Straussianern«, die seit dem Ende des Irak-Kriegs so häufig beschworen und beschrieben wurden, dass sie fast schon eine Intellektuellen-Legende geworden sind? Sie gelten als eine neokonservative Verschwörergruppe, als kleiner, elitärer Orden, der der Regierung Bush die Wege weist – und wenn es krumme Wege sind, ihr das gute Gewissen besorgt. Sie finden sich unter den Richtern im Supreme Court, sie arbeiten im Weißen Haus und im Pentagon.

Was sie denken, haben sie überwiegend bei Strauss gelernt. Allerdings sind sie machtbewusster als der Meister. Sie wollen Amerika verändern, nicht nur interpretieren.

Der Washingtoner Ableger der »Straussianer« traf sich kürzlich, wie alljährlich im Juli, zum Grillen, Baseballspielen und Plaudern über Vergangenheit und Gegenwart in einem Park der Hauptstadt. Mehr als 60 Leute aus dem inneren und äußeren Kreis der Regierung kamen da zusammen. Paul Wolfowitz, der kriegstreibende Ideenspender der Regierung Bush, war da und auch Abram Shulsky, ein Geheimdienstfachmann im Pentagon, der zusammen mit Francis Fukuyama ein Buch geschrieben hat.

William Kristol, der den »Weekly Standard« – ein Blatt mit einer Auflage von 60 000, aber großem Einfluss in Washington – herausgibt, war mit von der Partie, auch Leon Kass, der im Auftrag des Präsidenten Richtlinien für die Stammzellenforschung erarbeiten soll – auch sie Schüler des Leo Strauss.

Barbecue mit Kind und Kegel im Sonnenschein sind eigentlich unverdächtige Feiertagsvergnügungen. Doch so ziemlich alle Bewegungen der »Straussianer« stehen momentan unter Generalverdacht. Die Bedenken und Befürchtungen kommen von links, sie sind ein Versuch, die kulturelle Hegemonie der »Neocons« zu brechen, die mit der Präsidentschaft George W. Bushs begann und seit den Terroranschlägen am 11. September 2001 das patriotische Amerika durchdrungen hat.

Der zentrale Einwand: Die Strauss-Clique mag der zweiten Machtebene angehören, aber in Wahrheit verficht sie eine Ideologie der Sonderrolle Amerikas im 21. Jahrhundert, nach der dann Donald Rumsfeld, Dick Cheney und Bush handeln.

Wolfowitz und andere Straussianer formieren sich zu einer Avantgarde der konservativen Revolution, die im Grunde genommen die Idee der liberalen Demokratie verachtet.

Die Spinne im Netz ist bei alldem der kleine, exzentrische Professor aus dem Weimar-Deutschland, der ein Verächter der Aufklärung war und den demokratischen Liberalismus für einen Sündenfall der Politik hielt.

Längst ist die Debatte aus der »New York Times« und dem »New Yorker« auch herüber nach Deutschland geschwappt. Hier zu Lande wurde Strauss Zeit seines Lebens – er starb 1973 – kaum wahrgenommen. Erst seit einigen Jahren macht sich Heinrich Meier, der Leiter der Siemens-Stiftung in München, um die Herausgabe und philosophische Einordnung von Strauss“ Werk verdient.

Auch Meiers eigene Studien über Strauss, zumal über dessen Verhältnis zu dem katholischen Staatsrechtler Carl Schmitt, sind durch die Debatte über die geistigen Grundlagen des Bushismus schlagartig aktuell geworden*.

Doch wie reiht sich Strauss in die deutsche Ideengeschichte ein? Der Berliner Historiker

Heinrich August Winkler zog in der »Zeit« weit reichende Schlüsse aus der Tatsache, dass Strauss freundlichen Umgang mit Carl Schmitt pflegte, dem Kritiker des Parlamentarismus und geistigen Wegbereiter der Nazis: Es gebe Parallelen zwischen der »Konservativen Revolution« vor der Machtergreifung Hitlers und der heutigen Situation in den Vereinigten Staaten.

Die Straussianer hätten »unter Bush dem Jüngeren gefunden, was Carl Schmitt letztlich vergebens gesucht hatte: den ,Zugang zum Machthaber“«, so Winkler.

Ganz so leicht ist trotzdem nicht zu klären, ob Leo Strauss wirklich zum dämonisierten »Paten der Bush-Mafia« taugt. Nach den strengen Maßstäben, die er selber anlegte, war Strauss eigentlich kein Philosoph, weil er kein systematisches Werk hinterlassen hat. Seine Stärke lag in der Interpretation der großen philosophischen Literatur von Plato über Sokrates, Spinoza, Machiavelli und Hobbes bis hin zu Martin Heidegger. In seinen frühen Jahren kreiste sein Denken um die Theologie, später um die politische Philosophie, um die »Frage nach dem Richtigen«.

Strauss war so gründlich gebildet, wie man sich einen gründlichen deutschen Professor nur vorstellen kann. Weil er klar und verständlich schrieb, lassen sich seine Bücher, im Deutsch der Vorkriegszeit geschrieben, heute noch gut lesen.

Seine Tochter Jenny, die an der Universität von Virginia antike Poetik lehrt, besitzt ein Foto des Elternhauses im hessischen Kirchhain bei Marburg, in dem ihr Vater, 1899 geboren, aufwuchs.

Es zeigt ein einfaches, stattliches Haus ohne gründerzeitliche Ornamentik. Die Familie Strauss war im Getreidehandel tätig und hielt nebenbei Hühner und Geflügel.

Der begabte Sohn Leo übertrug die unpompöse Geradlinigkeit auf seine Philosophie: So viele Brüche es im Leben eines deutschen Juden, der Soldat im Ersten Weltkrieg war, 1932 emigrierte und in Amerika seine Blütejahre erlebte, zwangsläufig geben musste, so folgerichtig entfaltete sich doch sein Denken.

Er promoviert 1921 bei Ernst Cassirer und bleibt auf der Suche nach Autorität und Orientierung. Er lehnt sich vorübergehend an den Neukantianismus an, die herrschende Vorkriegsphilosophie, und ist unzufrieden mit Max Webers Glauben an die Wertfreiheit wissenschaftlicher Urteile. Doch dann trifft er auf den Mann, den diese Generation junger Philosophen, zu der auch Herbert Marcuse, Karl Löwith oder Günther Anders gehören, für den tiefsten Denker ihrer Zeit hielt: Martin Heidegger.

Wie Heidegger zog Strauss eine radikale Konsequenz aus der Erfahrung des Ersten Weltkriegs und der Dauergefährdung der Weimarer Republik: Für ihn war damit geschichtlich bewiesen, dass sich die Aufklärung mit ihrem positiven Menschenbild und Fortschrittsglauben als Illusion erwiesen hatte. Als gleichermaßen hinfällig erwies sich aus seiner Sicht die Hoffnung, dass eine liberale Demokratie die Staats- und Gesellschaftsordnung der Zukunft sei. Daran hat Strauss bis an sein Lebensende festgehalten.

Allerdings missfiel ihm an Heideggers Hauptwerk »Sein und Zeit« (1927) der von aller möglichen Begründung der Moral absehende Existenzialismus, der »den Tod als Gott« (Strauss) verehre – was den Philosophen aus Todtnauberg anfällig für die nihilistische Todessehnsucht des Nationalsozialismus gemacht habe. Strauss hingegen entwickelte in der Auseinandersetzung mit Heidegger eine leicht exzentrische Theorie, die viele Jahre später in Amerika eine verblüffend begierige Rezeption fand.

Zwar könnten sich Philosophen, so geht seine Überlegung, im Gefolge Nietzsches der Frage widmen, was der Tod Gottes und die Abkehr von der Religion für das Denken und das Sein bedeute. Aber Staaten könnten ohne den inneren Zusammenhalt, den der Glaube verleiht, nicht existieren. Zu einer stabilen Ordnung gehöre deswegen die Religion als Bindemittel – sie ist zugegeben Opium fürs Volk, aber ein unerlässliches Opium. Liberale Demokratien wie die Weimarer Republik sind aus Strauss“ Sicht auf Dauer nicht lebensfähig, weil sie ihren Bürgern keinen geistig-moralischen Halt bieten.

Die praktische Konsequenz daraus ist fatal: Eliten haben demnach das Recht, ja geradezu die Pflicht zur Manipulation der Wahrheit. Sie dürfen zu den »frommen Lügen« und dem selektiven Gebrauch der Wahrheit Zuflucht nehmen, wie es Plato empfiehlt.

Vor allem diese Bausteine einer politischen Theorie, die Strauss Zeit seines Lebens vertrat, tragen ihm heute in Amerika den Vorwurf ein, er habe an den Nazis die Methoden der Massenmanipulation studiert. Und »Straussianer« wie Wolfowitz und die anderen Betreiber des Irak-Krieges stehen jetzt im Verdacht, sie hätten nur die politische Lehre aus Strauss für ihre Zwecke gezogen. Die zum Teil fingierten Gründe für den Krieg gegen Saddam Hussein sind, so gesehen, das philosophische Erbe des Emigranten aus Deutschland.

So entsteht eine Verschwörungstheorie, wonach Strauss der Marionettenspieler ist, an dessen Fäden die Regierung Bush hängt. Dabei sind antisemitische Obertöne – Strauss als »Nazi-Jude« – kaum zu überhören, zumal viele seiner Schüler jüdische Namen – Paul Wolfowitz, Abram Shulsky, Harvey Mansfield, William Kristol – tragen.

Strauss selbst nahm größeren Anteil an der Antike als an der Gegenwart. Hans Jonas, der seit den zwanziger Jahren mit ihm befreundet war, schreibt in seinen »Erinnerungen«, Strauss sei »ein ungeheuer weltfremder und ängstlicher Mensch« gewesen. Tatsächlich war er ein tiefer Pessimist und neigte dem Gedanken zu, dass in der Geschichte nur Niedergang und Verfall zu erwarten seien.

Paradoxerweise hatte der Pessimist in entscheidenden Lebensmomenten ausgesprochenes Glück. Er verließ Deutschland schon 1932, vor der Machtergreifung Hitlers. Carl Schmitt, dessen Lehre von der Unterscheidung zwischen Freund und Feind als Ursprung des Politischen Strauss wohlwollend rezensiert hatte, verschaffte ihm ein Stipendium der Rockefeller Stiftung. So kam er erst nach Frankreich und später nach England, wo er sein »Hobbes«-Buch zu Ende schrieb, das noch heute Achtung genießt. 1938 schließlich, ehe der Zweite Weltkrieg ausbrach, kam Strauss in Amerika an.

Er überwinterte zunächst an der New Yorker »Universität im Exil«, wie die New School for Social Research genannt wurde, weil sich jüdische Flüchtlinge aus vielen Ländern Europas hier einfanden: Hannah Arendt, Hans Jonas, Karl Löwith, Arnold Brecht, Adolph Löwe, Kurt Riezler – insgesamt 180 Geistesgrößen. Sarkastisch nannten sie sich »Hitlers Geschenk an die Vereinigten Staaten«.

Strauss hatte keine unüberwindbaren Anpassungsprobleme an Amerika, das ihm völlig fremd war. Er sprach viele Sprachen, sein Englisch behielt bis zuletzt einen leichten Akzent. Und als wäre es eine List der – ausgerechnet – Hegelschen Vernunft, sorgte das Glück wieder für ihn vor: 1948 erhielt er den Ruf nach Chicago, um politische Philosophie zu lehren.

Damals war Chicago mehr als heute eine herausragende Universität. Die Rockefeller-Stiftung, deren Geld die Elite-Universitäten an der Ostküste verschmähten, sorgte für die Ausstattung. Zudem hatte der autokratische Universitätspräsident Robert M. Hutchins ein Gespür für Talente. So kam es, dass kurz nach dem Krieg drei Professoren nebeneinander lehrten, die größten Einfluss auf die Eliten bis in die Gegenwart hinein ausüben sollten.

Da war Hans J. Morgenthau, ebenfalls ein Emigrant aus Deutschland, aber anders als Strauss auf die gedankliche Durchdringung der Wirklichkeit ausgerichtet. Die größte Wirkung erzielte er mit seinen Thesen über eine neue realistische Außenpolitik – die Grundlage für eine illusionslose Haltung gegenüber der Sowjetunion im Kalten Krieg, die bald Regierungspolitik war. Der gelehrigste Schüler Morgenthaus war jener Emigrant aus Fürth, der es zum Sicherheitsberater und Außenminister unter Richard Nixon brachte: Henry Kissinger. Seine Variante der Realpolitik – Koexistenz auch mit Autokraten oder Diktatoren, wenn es das Eigeninteresse gebietet – haben erst die Neokonservativen außer

Kraft gesetzt: Sie ist ihnen zu wenig moralisch und zu sehr dem Status quo verhaftet.

Der zweite Chicagoer Professor von bleibendem Gewicht war Milton Friedman, der für seine Theorie des Monetarismus 1976 den Nobelpreis für Ökonomie erhielt. Er war ein Schüler Friedrich August von Hayeks, der seit 1950 ebenfalls in Chicago lehrte, aber zu seiner Erbitterung im Schatten von John Maynard Keynes und dessen Lehre von der Staatsintervention in Krisenzeiten des Marktes stand.

Friedman ist eine Doppelbegabung, ein beliebter Universitätslehrer und gesuchter Berater, den Präsidenten von Johnson über Nixon bis Reagan heranzogen. Er empfahl den Rückzug des Staates vom Markt, woraus die Lehre von der angebotsorientierten Wirtschaftspolitik entstand: Der Kapitalismus entwickelt sich dann am besten, wenn der Profit und der Konsum durch Steuerkürzungen wachsen. Diese riskante Wirtschaftspolitik, die unter Reagan schon für ein rasantes Staatsdefizit sorgte, hat der derzeit amtierende Präsident wiederaufgenommen – mit demselben Effekt.

Der Dritte im Bunde ist Leo Strauss, der weder Morgenthaus Gegenwartssinn noch Friedmans Fähigkeit zum Umgang mit den Mächtigen besaß. Dass er über seinen Tod hinaus gehörigen Einfluss auf Politik und Politiker hat, wirkt paradox: Er war ja ein Konservativer, der nicht an die Wendung der Dinge zum Besseren glaubte. Er blieb im Herzen ein Weimarianer, auf der liberalen Demokratie ruhte für ihn kein Segen. Alle Skepsis richtete er gegen den Pluralismus und Relativismus dieser Ordnung. So anders Amerika auch sein mochte, so wenig fasste er Vertrauen zu diesem Projekt der Moderne.

Leo Strauss wollte eigentlich nur ein Lehrer sein, der seine Studenten in die Gedankenwelt der Alten einführt. Schon bei Plato, Sokrates und Xenophon ließen sich, so sah er die Dinge, die ewigen Kraftfelder studieren, in denen Menschen und Staaten zu allen Zeiten stehen, nicht zuletzt in der Gegenwart: Was ist Gerechtigkeit, was ist das gute Leben, was macht den Staat aus, wo liegen die Grenzen unseres Wissens?

In der Gegenwart stellten sich diese Fragen, so argumentierte Strauss, im Wirbel der Ereignisse und blieben schwer durchschaubar. In den großen Texten der Vergangenheit aber werden sie in Reinkultur verhandelt. Der Nachteil bestand jedoch darin, dass der Professor es beim Betrachten der Probleme beließ, weil er nicht an deren Lösbarkeit glaubte.

Doch einige seiner Schüler beseelte mehr Tatendrang. Sie wollten verstehen, um zu handeln. Von der europäischen Theorie gingen sie über auf die Praxis in Amerika.

Strauss“ Seminare und Vorlesungen bekamen bald Kult-Charakter. In sie strömten auch katholische Priester oder Vertreter aus dem Chicagoer Establishment. Damit ihn das wachsende Publikum auch wirklich hören konnte, ließ sich der Professor ein Mikrofon umhängen, was damals eine größere Prozedur zu Beginn jeder Vorlesung gewesen sein muss. In den sechziger Jahren nahmen seine Schüler dann auf Tonband auf, was Strauss mittwochs nachmittags, immer ab 15.30 Uhr, vortrug.

So viel Erfolg schuf Neider. Sie stießen sich daran, dass ein Professor der politischen Philosophie in dieser Zeit am liebsten über die Antike las, ohne Rückschlüsse auf die Gegenwart zu ziehen – auf die bipolare Welt, den Kalten Krieg, die neuen Atomwaffen. Ewige Wahrheiten, vorzugsweise gewonnen aus Xenophon, Sokrates, Plato? Widerlegung der Moderne durch Widerlegung von Hobbes? Zum ersten Mal tauchten jene Stichwörter auf, die Strauss auch in der heutigen Debatte anhaften: Nihilismus, Elitismus, Esoterik.

Seine Schüler waren jedoch fasziniert von der Welt, die er ihnen erschloss. Zu ihm strömten alsbald die Besten und Klügsten ihrer Jahrgänge, viele von ihnen wiederum Juden. Sie seien vom Krieg geprägt gewesen, oft links gestimmt, Leser von Marx und Freud, erzählen Walter Berns und Werner Dannhauser, zwei Straussianer der ersten Stunde, die selber Professoren wurden. Der Mann aus Weimar habe sie denken gelehrt und ihnen Achtung vor großen Philosophen eingeflößt.

So weltabgewandt Strauss auch war, so gegenwartsmächtig wurde er, als der Neokonservativismus Mitte der sechziger Jahre seine Anfänge nahm. Die wirklichen Paten der Neocons sind in der Familie Kristol zu finden. Irving Kristol prägte den klassischen Satz: »Ein Neokonservativer ist ein Linker, den die Wirklichkeit überfallen hat.«

Gertrude Himmelfarb, Kristols Frau, hatte Strauss 1950 entdeckt. Von ihr stammt die klassische Streitschrift »Ein Land, zwei Kulturen«. Sie kritisiert nicht nur den Verlust an Zivilität und protestantischer Arbeitsethik, die permissive Moral und sexuelle Revolution, sondern sieht in alldem eine Folge des entfesselten Liberalismus im demokratischen Amerika.

Das ist Strauss in Reinkultur, allerdings durch Kulturkämpfer vom Kopf auf die Füße gestellt. Irving Kristol vollendete diese Umkehrung, indem er Strauss“ Gedanken aufnahm, Religion sei als Bestandsgarantie einer Staatsordnung unerlässlich.

Der Professor hatte an Amerikas Gründung missbilligt, dass die Glaubensflüchtlinge Staat und Religion trennten, anstatt eine Religion verbindlich zu machen. Kristol, ein blendender Agitator als Journalist, kannte Amerika besser – mindestens 150 Millionen mehr oder minder gläubige Menschen, vorrangig Katholiken oder Protestanten, eine Alltagsfrömmigkeit, die sich auch in zahllosen Sekten organisierte und eine politische Machtbasis für die konservativ erneuerten Republikaner darstellte.

Originell an der neokonservativen Ideologie war die Entdeckung, dass die politisch entscheidenden Schlachten in Amerika um kulturelle Werte geführt werden. Die Linke hatte propagiert, das Private sei politisch. Die »Neocons« nehmen sie beim Wort. Der Staat soll sich – mit Milton Friedman – aus der Wirtschaft heraushalten, aber nicht aus dem Schlafzimmer seiner Bürger.

Die großen Schlachten in Amerika werden seither um Abtreibung und Todesstrafe, um Homosexualität oder Sex vor der Ehe geführt – um die moralischen Werte eines christlich gestimmten Landes, dem Liberalität als Gesinnung verdächtig ist. Deshalb ist es von entscheidender Bedeutung, welche Richter in den Supreme Court gewählt werden, denn sie bestimmen in letzter Instanz über den Grad an Liberalität in Amerika, weil die wichtigsten Streitfälle früher oder später bei ihnen landen. Unter den neun Richtern gilt der erzkonservative Clarence Thomas als Straussianer.

Die erste Phase der neokonservativen Revolution fand unter Ronald Reagan ihre Erfüllung. Die zweite Phase findet nun unter George W. Bush statt, dem wiedergeborenen Christen, der weiß, wie wichtig Religion ist – für den patriotischen Zusammenhalt des Landes und für seine Wiederwahl, für die er unbedingt die Stimmen der wohlorganisierten christlichen Gruppen benötigt.

Zurzeit steht die Außenpolitik im Zentrum der konservativen Revolution. »Für Verschwörungstheoretiker ist die Außenpolitik der Bush-Regierung ganz und gar eine Schöpfung von Strauss«, meint die »New York Times«. Davon kann allerdings keine Rede sein. Diese Ehre gebührt in erster Linie Paul Wolfowitz und Richard Perle, die schon seit dem Ende des Kommunismus für die volle Machtentfaltung des einzigen Weltregenten und für den Krieg als Mittel der Politik plädieren.

Diese beiden Neocons allerdings sind Schüler eines anderen Professors mit deutschem Namen, der ebenfalls in Chicago lehrte, aber dort erst kurz vor Strauss“ Emeritierung ankam: Albert Wohlstetter, geboren in New York, lehrte die Theorie der Sicherheitspolitik und hatte auf Wolfowitz (der bei Strauss lediglich zwei Kurse besucht hatte) und Perle eine bleibende Wirkung. Aggressivität statt Passivität in der Außenpolitik, der Wille zur Veränderung statt des alten Status-quo-Denkens lassen sich auf Wohlstetter zurückführen – die Voraussetzungen der neuen Pax Americana.

Strauss war nach der Emigration nur noch einmal in Deutschland gewesen, in den fünfziger Jahren, eingeladen von seinem Freund Karl Löwith. Am Ende seines Lebens, sagt seine Tochter Jenny, habe sich ihr Vater isoliert gefühlt; er habe Schwierigkeiten gehabt, seine Bücher wiederauflegen zu lassen. Das hat sich jetzt geändert. GERHARD SPÖRL

* Heinrich Meier: »Carl Schmitt, Leo Strauss und “Der Begriffdes Politischen“«. Zu einem Dialog unter Abwesenden. Verlag J. B.Metzler, Stuttgart; 192 Seiten; 24,90 Euro. Vom selben Autorerschien soeben im selben Verlag: »Das theologisch-politischeProblem«. Zum Thema von Leo Strauss. 88 Seiten; 9,95 Euro.* Parade am Gay Pride Day in New York (2000). “

https://www.spiegel.de/kultur/die-leo-konservativen-a-a083a48d-0002-0001-0000-000028102441

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Marc Neumann, Washingt“

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